14. Tag, Clermont-l’Hérault – CapestangErstes Ziel des heutigen Tages ist Béziers. Die erste größere Stadt seit Le-Puy-en-Velay. Nach dem Zeltabbau im wunderschön am Ufer des Lac du Salagou gelegenen Campingplatzes frühstücke ich in Clermont, dann geht es über die relativ verkehrsarme D 15 südwärts. Die Landschaft ist von Weinbau geprägt.
Noch einmal geht es mit einigen Serpentinen über einen kleinen Höhenzug, einen letzten Ausläufer der Cevennen,
dann geht es in der Ebene in Richtung Béziers. Ich komme durch winzige Orte wie Cabrières, Neffiès, Roujan und Pouzolles.
In Béziers sehe ich mir die hoch über dem Ufer des Flusses Orb gelegene Altstadt an.
Ich kenne die Stadt bereits, weil ich auf meiner Radreise im Vorjahr hier vorbeigekommen bin, von der Atlantikküste bei Bordeaux kommend, entlang des Canal latéral à la Garonne und des Canal du Midi, an dem Béziers liegt. Ich halte mich daher nicht allzu lange auf, weil ich heute noch einiges an Strecke machen will.
Am Ufer des Orb
Ab hier folge ich dem Canal du Midi Richtung Westen, also andersherum als im Jahr davor. Die Fahrt entlang des Kanals ist reizvoll, gemütlich und ein willkommener Kontrast zu den Schluchten und Passstraßen der vergangenen Tage, so dass ich die Strecke heute und morgen trotz der Wiederholung genieße.
Der Canal du Midi wird über eine Kanalbrücke über den Orb geführt.
Der Radweg verläuft auf den ehemaligen Treidelpfaden des bereits im 17. Jahrhunderts gebauten Kanals, der fast durchgängig gesäumt ist von zwei Reihen schattenspendender Platanen.
Leider ist der Radweg am Canal du Midi hier, in seinem östlichen Abschnitt, überwiegend nicht asphaltiert. Eine durchgehende Asphaltdecke hat der Radweg entlang des Kanals nur im Abschnitt östlich von Toulouse, während der Radweg entlang des westlich anschließenden Garonne-Seitenkanals bis kurz vor Bordeaux fast durchgängig asphaltiert ist, wie ich aus dem Vorjahr weiß. Aber diesmal werde ich den Canal du Midi bereits morgen wieder Richtung Narbonne verlassen.
Blick zurück auf Béziers
Da der Kanal in seinem Verlauf (und in seiner Fortsetzung als Canal latéral à la Garonne) bis Bordeaux die Wasserscheide zwischen Mittelmeer und Atlantik überwinden muss, gibt es alle paar Kilometer Schleusen, weitgehend noch im historischen Zustand. Teilweise sind mehrere davon zusammengefasst, wie hier in der Schleusentreppe von Fonserannes mit sechs „hintereinandergeschalteten“ einzelnen Schleusen.
Der Radweg entlang des Kanals ist im weiteren Verlauf dann von immer schlechterer Beschaffenheit und entwickelt sich schließlich zum Trampelpfad.
Den 160 m langen Kanaltunnel von Malpas kann man nur zu Fuß durchqueren.
Mich wundert, dass er nur in der östlichen Hälfte ausgemauert ist, obwohl das Gestein der Tunnelwand extrem weich und bröselig ist – man kann mit der Hand hineinbohren.
Vom Hügel Ensérune, durch den der Kanaltunnel führt, hat man einen weiten Blick in die Landschaft. Man erkennt die Bahnlinie, die in einem Tunnel den Kanaltunnel unterquert und auf der ich in einigen Tagen auf der Rückfahrt unterwegs sein werde.
Auf dem Kanal sind zahlreiche Hausboote unterwegs. Dieses ist offenbar ursprünglich ein historischer Frachtkahn.
Wegen der schlechten Wegbeschaffenheit am Kanal fahre ich die letzten Kilometer bis zu meinem heutigen Etappenziel Capestang auf einer Landstraße (D 37) parallel und in Sichtweite zum Kanal. Der im Hang verlaufende Kanal wirkt aus der Ferne aufgrund der Baumreihen fast wie eine Allee.
Im hübschen Städtchen Capestang kann ich für die Übernachtung wieder auf einem Campingplatz mein Zelt aufschlagen und in einem nett direkt am Kanalufer gelegenen Restaurant lecker zu Abend essen.
15. Tag, Capestang – GruissanBevor ich losfahre, sehe ich mich in Capestang noch ein wenig um. Hauptsehenswürdigkeit ist die Kirche Saint-Étienne. Architektonisch interessant, weil der heutige Bauzustand die im Spätmittelalter begonnene, aber nicht zu Ende geführte Ersetzung des ursprünglichen romanischen Gotteshauses durch eine gotische Kirche dokumentiert. Es wäre einer der größten Sakralbauten der Region geworden.
Weil ich mich noch vom Vorjahr an die schlechte Wegbeschaffenheit des Radwegs am Canal du Midi in diesem Bereich einnere, fahre ich parallel weiter über die D 37, um bei Argeliers wieder auf den Kanal zu treffen. Wenige Kilometer weiter zweigt der Canal de la Robine Richtung Narbonne ab, dem ich nun südwärts folge.
Der Weg entlang des Kanals ist nicht immer leicht zu finden, so dass ich teilweise auf parallele Straßen ausweiche. Schließlich erreiche ich Narbonne.
Eine ausführliche Stadtbesichtigung wäre sicher lohnenswert gewesen, aber ich nehme mir nur die Zeit für ein Mittagessen, da ich heute noch das Meer erreichen will. Weiter geht es also entlang des Canal de la Robine.
Da ich den hübschen, etwas abseits meiner Route gelegenen Ort Gruissan mit seinem Strandort Gruissan-Plage vom Vorjahr noch in guter Erinnerung habe, verlasse ich kurz vor der Küste den Kanal und gönne mir den Abstecher. Die D 32 nach Gruissan verläuft durch eine sehr reizvolle Lagunenlandschaft mit Blick auf das kleine Gebirgsmassiv der Montagne de la Clape.
Der Ort Gruissan wird von der hoch über die Küstenebene aufragenden Burg dominiert.
Es gibt einen Zeltplatz, auf dem ich mich einquartiere. Nach dem Zeltaufbau fahre ich die kurze Strecke nach Gruissan-Plage. Ich habe das Mittelmeer erreicht und verbringe den restlichen Spätnachmittag am breiten Sandstrand.
Fortsetzung folgt…