Re: Fahrradzukunft 32 erschienen!

von: derSammy

Re: Fahrradzukunft 32 erschienen! - 10.09.21 17:26

Wäre mir neu, dass es so einen Rechner je gab. Wo soll der gehostet sein? Oder nur ne Excel als Download?

Wie willst du das eigentlich auch genau rechnen? Also wirklich im Sinne von Fahrrad ist schneller als Auto und man summiert Fahrzeitdifferenz auf?

Oder im Sinne von: Autofahren ist nervig und verlorene Lebenszeit, Radfahren fetzt und wird als "sinnvoll verbrachte Zeit" gewertet und nicht betrachtet?

Oder geht es dir um so schnell gedankliche unterschlagene Zeiten wie Parkpatzsuche, Staus, Wege zum Tüv und der Tanke, die mit dem Rad tendenziell so nicht anfallen?

Diese Statistiken zum gesundheitlichen Benefit sind extrem schwierig zu designen und durchzuführen. Grob gibt es meines Wissens dafür zwei Ansätze. Der eine geht über Kontrollgruppen. Da versucht man zwei Gruppen zu matchen. In der einen sind Radfahrer, in der anderen Autofahrer, es werden immer zwei Personen gematcht, wo diverse Kontrollparameter, deren Einfluss man ausblenden möchte, gleich sind. Also man würde Personen matchen, die gleich alt sind, die ähnliche Wohnverhältnisse haben, gleiches Geschlecht, usw. Nur eine Person fährt mit dem Rad, die andere motorisiert.
Und dann wertet man die Gruppen gegeneinander aus.
Diese Gruppen zu bilden ist sehr aufwändig und korrekter Weise legt man die Gruppen fest, bevor man beobachtet. Das ist also auch sehr zeitaufwändig, weil du ja jahrelang zuschauen musst (und z.B. gesundheitliche Entwicklungen beobachten musst).

Der andere Ansatz beruht auf Vergleichsstudien, wie sie auch in dem Artikel beschrieben werden, indem man z.B. verschiedene Länder oder Städte vergleicht. Aus statistischer Sicht ist das aber immer extrem schwierig, weil dabei Effekte eine Rolle spielen können, an die man gar nicht denkt (z.B. wie ist das Gesundheitssystem generell zwischen verschiedenen Ländern oder ist die Altersverteilung der Radfahrer vergleichbar (Alter hat einen sehr hohen Einfluss auf das individuelle Unfallrisiko), oder ...)
Und richtig, die Studien beschäftigten sich wohl hauptsächlich mit den ganz harten Fakten: Lebenserwartung bzw. Risiko tödlicher Unfälle. Dass die Lebensqualität für alle steigt, wenn mehr Rad gefahren wird (weniger Stress, Lärm, Staus, ...) ist recht offensichtlich, aber mit solchen Studien recht schwer erfassbar. Das geht noch am ehesten mit so einer aufwändigen Kontrollstudie, wie ich es oben beschrieben habe.

Deine Kritik an dem Früh-übt-sich-Artikel kann ich nachvollziehen, im Versuch verschiedene Aspekte zu beleuchten, ist es schwer zu sagen, ob der Autor eine Hauptbotschaft hatte.

Wenn ich es mal mit meinen Worten wiedergebe, dann geht es darum Radfahren im Hort- und Schulbereich nicht ausschließlich der im Lehrplan vorgesehenen Fahrradausbildung zu überlassen (die sehr theorielastig ist und viele Risikobotschaften vermittelt), sondern dem auch eine spielerische Auseinandersetzung mit dem Fahrrad (inkl. z.B. Fahrpraxisübungen) und der zugehörigen Fahrradtechnik anbei zu stellen.

Solche Parkour-Übungen sind übrigens eine nette Sache, die z.B. auch der ADFC bei öffentlichen Veranstaltungen (Stadtfesten, etc.) gut anbieten kann und die einfach Lust am Radfahren machen sollen und die Fahrsicherheit stärken.
Und die nicht nur darauf abzielen, dass man den theoretischen Ablauf von Schulterblicken und Handzeichen beim direkten Linksabbiegen über mehrere Spuren richtig verinnerlicht hat oder das ach so gefährliche Radfahren mit Helmkampagnen, Klingelfunktionskontrollen, Toter-Winkel-Warnung und ABMer-Uniform-Appellen auf ein vermeintliches "höheres Sicherheitsniveau" heben zu wollen.