Re: Wo’s Wassr koschdbar isch - Alb-Donau-Kurier

von: veloträumer

Re: Wo’s Wassr koschdbar isch - Alb-Donau-Kurier - 10.11.22 20:24

ALB-2022-11 Halloween-Herbst in der Alb-Donau-Region:
Uracher, Münsinger & Zwiefalter Alb feat. Blautal, Schmiech & Lauchert


5 Tage | 354 km | 4970 Hm



Der warme Oktober neigte sich doch bedenklich schnell dem Ende entgegen, sodass ich noch einen letzten, leicht überstürzten radlerischen Nutzen daraus ziehen wollte. Für Albhöhen gab es nochmal Rekordwertprognosen von 28 °C. Solche Ansagewerte sind zu der Jahreszeit aber mit Vorsicht zu genießen. Tatsächlich konnte ich einige Warmströmungen auf Albhöhen auch noch zu fortgeschrittener Nachmittagszeit verspüren, doch blieben das vereinzelte Flecken und auch bei niedrigeren Werten. Gute 20 °C waren schon eher das Maximum und doch eher in den bekannt milderen Landesteilen im Neckarraum, den ich ja eher schnell verlassen habe.



Deutlicher wirkten hingegen Hochtalmulden als herbstkalte Senken, ebenso wie die sonst sommermilden Täler an Erms, Lauter, Lauchert oder Schmiech durch sehr kalte Nächte auffielen und sich auch tagsüber nur noch bedingt aufwärmten. Dabei gab es doch unerwartet wenig Nebel, am meisten noch am Schlusstag im mittleren Tal der Lauchert. Die Wahl der Übernachtungsorte fiel also nur zwischen kalt und arschkalt aus, minimal knapp über 0 °C, maximal um die 5 °C, die Fühltemperatur stets geringer (Wind, Taufeuchte). Manchen Morgen musste ich wegen ungnädig kalter Finger die Anfahrt hinausschieben, ungeachtet bereits längerer Helligkeit. Die Sonne bei Tage zog sich sukzessive immer etwas mehr zurück, sodass den Schlusstag nach dem sonnigen Nebelerwachen bald eine recht düstere Wolkenstimmung füllte. Nacktbeinige Radler, die mir abends entgegen kamen, zeugten von dem doch stets milderen Neckarraum rundum Stuttgart, wie auch die Abendtemperaturen dort verrieten, dass die klassisch krassen Temperaturunterschiede zwischen Alb und urbaner Wärmeinsel weiterhin Bestand haben.



Ob ich dank der Herbstfrische oder doch eher dank der meist einsamen Routen auf wenig Halloween-Geklepper stieß, bleibt eine offene Frage. Indes habe ich diese neumodische Partywelt um den kürbislastigen Gruseltermin nicht gesucht. Furchterregend geschnitzte Kürbisköpfe hockten allenfalls unbeleuchtet auf wenigen Haustreppen, die Einwohner eher im Eigenheim gekuschelt. Bei meiner einzigen Gasthofeinkehr in Hettingen blieb ich der einzige Gast in einer von einem Griechen geführten Sportgaststätte. Selbst tagsüber waren begehrtere Orte wie Zwiefalten recht spärlich besucht. Gewiss gab es zu entsprechenden Uhrzeiten pflichtgemäßen, intensiven Pendlerverkehr. Auch an der Wimsener Höhle waren doch noch etliche Touristen zu finden, sodass ich erneut von der kostenpflichtigen Bootstour in die Höhle absah. Den Vogel der Geschäftigkeit schoss ein bienenfleißiger Bauer auf dem Hochsträß ab, der seine Felder im grellem Traktorscheinwerferlicht annähernd bis Mitternacht umpflügte.



Die fehlenden Dorfstrukturen in den teils sehr dicht besiedelten Schlaforten der Alb konnten aber die vergangenen Eindrücke einer Region mit Defiziten von gastlicher Zusammenkunft für Einheimische und Besucher nicht wirklich verdrängen. So mag es noch eine besondere Notiz wert sein, dass ich im abgelegenen Grötzingen beim Landkartenstudium von einer einheimischen Frau angesprochen wurde, ob ich als einsamer Radler Wasser oder Kaffee oder sonst was wünsche, sie mir das auch sozusagen „to go“ überreichen würde. Das unerwartete Gastangebot musste ich dann doch wegen der schon bedenklich abgesenkten Sonne ablehnen, wie allgemein die kurzen Tageszeiten nicht so richtig Spaß machen, um möglichst vielschichtige Tourerlebnisse zu gewinnen. Mehr als eine Dunkelstunde wollte ich dann auch selten fahren, da ich sonst zu viele Tageslichtblicke eines bunten Herbstes vermisst hätte.

So, 30.10. Stuttgart – Echterdingen – Plattenhardt – Burkhardtsmühle – Aichtal-Aich – via Höhenroute/Piste (Besinnungsweg) – Nürtingen – via Tiefenbachtal/Radweg via Steuobstwiesen – Beuren (Freilichtmuseum) – Erkenbrechtsweiler – Hülben – Bad Urach – Georgüsiedlung/Abzweig Wittlingen

70 km | 985 Hm



Blick ins Neckartal oberhalb Neckartailfingen mit dem schiefen Kirchturm, in der Ferne der anstehende Albtrauf



Streuobstwiesen der Voralb beim Freilichtmuseum Beuren



Weinberge mit Blick auf Beuren und die Burg Hohenneuffen



Die Erkenbrechtsweiler Steige gehört zu den steilen Auffahrtsrampen der Alb – aktuell wird an der Fahrbahndecke gearbeitet und war eigentlich gesperrt

Mo, 31.10. Georgüsiedlung/Abzweig Wittlingen – Wittlingen – Hengen – Seeburg – Gut Uhenfels – Trailfingen – Münsingen – Greut – Mehrstetten – Hütten – Justingen – Schelklingen – Blaubeuren – Beiningen/Vordere Gleißenburg

65 km | 1030 Hm



Nachtlager mit Frischebadezimmer an der Erms, Blick auf Ruine Hohenwittlingen





Die Wittlinger Steige im morgendlichen Herbstglanz



Felsskulptur und Höhle im unteren Fischbachtal





Hübsch und mit vielen historischen Stätten: Seeburg im oberen Ermstal



Steige von Seeburg nach Uhenfels



Hofgut Uhenfels



Schloss Uhenfels





Die Backhäuser der Alb haben eine lange Tradtion und werden auch heute noch genutzt, Brotrezept gleich mitangeschlagen



Haus mit Sonnenuhr in Münsingen



Überfahrt via Mehrstetten ins Schmiechtal



Hütten im Schmiechtal



Kapelle St. Michael mit dem guten Hirten über dem Schmiechtal



Justinger Steige



1871 setzten der Erfinder Karl Ehmann (r.) und der Schlutheiß Anton Fischer die Albwasserversorgung in Justingen maßgeblich in die Tat um



Farbspiel im Achtal



Das Geißenklösterle bezeichnet eine Höhle in den Albfelsen im Achtal mit UN-Welterbestatus, in der die ältesten Musikinstrumente der Welt gefunden wurden – 3 Flöten aus Knochen gefertigt weisen jeweils ein Alter von rund 40.000 Jahren auf

Di, 1.11. Beiningen/Vordere Gleißenburg – teils via Waldpiste/Steibruch – Gerhausen – via Blautal-Radweg – Arnegg – Ermingen – teils via Piste – Pappelau – Ringingen – teils via Feldpiste – Schmiechener See – Allmendingen – via Grießtal – Grötzingen – Talsteußlingen – Hütten – Sondernach – Tiefenhülen – Frankenhofen – Granheim – Mundingen – Erbstetten – Unterwilzingen

74 km | 1065 Hm



Im Steinbruch von Gerhausen kann man die versteinerten Strukturen von Meeresbwohnern aus der 145 Mio. Jahre alten Jurazeit bemustern













Impressionen aus dem Blautal





Blick von Ermingen über Harthausen ins untere Blautal





Schmiechener See



Schloss Allmendingen



Das sanft ansteigende Grießtal



Grötzingen in den Lutherischen Bergen



Steige nach Talsteußlingen hinunter



Wasserrad von Talsteußlingen



Hütten in der Froschperspektive



Sondernach



Tiefenhüler Steige

Mi, 2.11. Unterwilzingen – Oberwilzingen – Sonderbuch – Zwiefalten – Wimsener Höhle – Tigerfeld – Kettenacker – via Radpiste Hettinger Tal – Hettingen

41 km | 685 Hm



Morgenerwachen an der Großen Lauter in Unterwilzingen





Zwiefalten





Klosteranlage Zwiefalten







Wimsener Höhle mit Zwiefalter Ach und Gastronomieweiler











Hettingen an der Lauchert zur Blauen Stunde

Do, 3.11. Hettingen – via Lauchert-Radweg – Gammertingen – Harthausen – Meidelstetten – Bernloch – Gomadingen – Gächingen – Sirchingen – Bad Urach – Dettinge/Erms – Kappishäusern – Grafenberg – Bempflingen – Altdorf – Neckartailfingen – Aichtal-Aich – via Waldpiste – Plattenhardt – Stetten – Echterdingen – Stuttgart

104 km | 1205 Hm





Hettingen am Morgen














Impressionen aus dem Laucherttal



Bernloch



Kormorane im Lautertal bei Gomadingen



Gächinger Lautertal



Durch und durch Schwabenliebe







Ansichten aus Bad Urach



Die passenden Poesieworte ebenso erlebter Emfindung überlasse ich lieber einem berühtmen Vertreter des Schwäbischen Dichterkreises:

Im Nebel ruhet noch die Welt
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fließen.


Eduard Mörike, 1818-1822 Schüler im Ev.-Theolo. Seminar Bad Urach