Re: Geschottert-geschüttelt-gerührt: Savièse-Nice

von: Biotom

Re: Geschottert-geschüttelt-gerührt: Savièse-Nice - 23.12.21 20:54


Tag 9: Guillestre – Saint-André-d'Embrun – Col du Parpaillon – Jausiers – Bonette-Nordrampe
Karte

Wie immer stehe ich früh auf. Heute fahre ich gleich los und frühstücke auf dem Velo. Nach ein paar Kilometern kommt der Lac de Serre-Ponçon in Sicht.





Am Anfang des Col du Parpaillon sind die Zeichen schlecht: ich habe das Gefühl ich müsse die Kette schmieren, dies obwohl überhaupt nichts knirscht. Vor Crévoux lächelt mir ein entgegenkommender Autofahrer ermutigend zu. Das Lächeln erinnert mich an Jack Nicholson in The Shining teuflisch Und in meinen Beinen? Tote Hose...

Kurz nach La Chalp hat's eine kleine Beiz. Kleines zweites Frühstück und gute Musik. Hm, und auf MTB-News wird über Musikhören beim Velofahren diskutiert. Mache ich nur selten, aber man könnte ja den heutigen Tag zum Kulturtag erklären?
Na denn, gestöpselt und weitergefahren lach

Bei Allah Hoo kommt die Kraft in die Beine. Bei Running Free halte ich es fast nicht aus auf dem Velo: wieso nicht in dieser herrlichen Bergwelt ein kleines Luftgitarrenkonzert geben? Bei Second Sun merke ich, dass der Unterschied zwischen Musik machen und bergaufvelofahren marginal ist: Ekstase pur. Mir kommt Rumi in den Sinn: "Let the beauty we love be what we do. There are hundreds of ways to kneel and kiss the ground."





Bei Pundela beschliesse ich, bis oben leichtfüssig zu bleiben (funktioniert!). Bei In case I fall for you denke ich an meine Liebste. Bei Golden Brown komme ich an einem dieser riesigen touristischen Geländefahrzeuge vorbei, und ich denke mir, dass man im Jahre 2021 solche sinnlosen Anblicke eigentlich nur noch unter Drogeneinfluss ruhig ertragen kann.







Beim Raga Jhinjhoti erreiche ich das Tunnelportal. Das Cutthie und ich schauen uns an, und ohne viele Worte zu verlieren sind wir uns einig: es wäre schade, einen so schönen Pass in einer kalten finsteren Röhre zu überqueren. Daher: Walk unafraid!





Ich lasse das Cutthie auf dem Pass stehen und besteige noch den Petit Parpaillon – ein lohender Abstecher! Blick nach Süden und Westen:











Auf dieser Seite fahre ich gleich runter:





Aber zuerst zurück zum Pass, wo das Cutthie geduldig auf mich wartet.







Auf der Ostseite ist kein Weg auszumachen, und entsprechend ist der Abstieg ein kleines Abenteuer.





Beim Tunnelportal haben sich ein paar Autofahrer getroffen, welche sich begeistert als Fotografen zur Verfügung stellen lach





Den Aufstieg auf den Parpaillon fand ich sehr angenehm: nicht sehr steil, und die Strasse in einem ordentlichen Zustand. In der Abfahrt schüttelt es mich aber heftig durch.





Verkehr hat es nicht viel, und die paar Geländefahrzeuge verlieren sich in der Grösse der Landschaft.









Heia, habe ich Durst! Dieser sympathische Herr rettet mich mit viel Wasser, und er erzählt mir ein bisschen aus seinem Leben, und ich ihm aus meinem.





Oh, so schön, dieser Parpaillon!





Ich bin mal wieder total fasziniert davon, wie sich das Aussehen der Berge verändert im Verlauf der Tour.





La Condamine-Châtelard und das Fort de Tournoux:





Ein herrlich erfrischendes Bad in der Ubaye, und der ganze Parpaillon-Staub ist Geschichte.





Wenn mein amerikanisches Velo das erste Mal auf den Star-Spangled Banner trifft, muss das natürlich dokumentiert werden. Und es ist das erste Mal auf dieser Tour, dass ich mein Ziel angeschrieben sehe – yeah!





In Jausiers kaufe ich Bremspads und Vorräte und schlage mir den Bauch mit Pizza voll. Ein schönes und schön gelegenes Dörfchen!





Ich bin recht k.o. vom Parpaillon, aber ich will noch ein bisschen weiter. Ich schleiche durch Lans und weiter Richtung Cime de la Bonette. Wegen des Übernachtens mache ich mir nicht gross Sorgen, denn gemäss dem Office de Tourisme in Jausiers darf im Mercantour-Nationalpark von 19 bis 9 Uhr wild gezeltet werden.









Hm, aber ob’s hier irgendwo Wasser gibt? Allzu weit mag ich eigentlich nicht mehr steigen… Ah, cool, beim Halte2000 hat’s Wasser und sogar eine Toilette. Ich lege ein paar Euro mit einem Erklärzettel vor die Tür der verlassen Gaststätte und richte mich gemütlich ein.





Schon bald geht die Sonne unter und der Mond auf:







Noch etwas essen, und dann ab auf die Matte. Wow, war das ein schöner Tag! Und wow, bin ich k.o. schmunzel