Re: Geschottert-geschüttelt-gerührt: Savièse-Nice

von: Biotom

Re: Geschottert-geschüttelt-gerührt: Savièse-Nice - 23.12.21 20:53


Tag 8: Les Fonts – Col de Péas – Aiguilles – Montbardon – Guillestre
Karte

Leute, schaut euch mal diesen Abschnitt der Michelin-Karte an. Ein riesiges Talsystem, welches auf der Strasse nur über eine lange Schlucht oder zwei harte Pässe mit Wintersperre zugänglich ist. Wer will da nicht hin? Ich jedenfalls träume seit vielen Jahren vom Queyras – und heute soll es soweit sein!
Ich stehe früh auf, koche mir ein Tee und esse ein bisschen Brot. Alles abgebaut und verpackt, und los geht's.

Blick zurück auf Les Fonts...





...und Blick voraus zum Col de Péas:





Ein weiterer Tag mit strahlend blauem Himmel verliebt





In der Mitte des Aufstiegs ist es recht steil und grobschotterig. Ansonsten easy, ein bisschen wandern, ein bisschen fahren.







Vier Französinnen holen mich ein. Sie machen die Tour du Queyras (zu Fuss) und haben diese Nacht beim Lac des Cordes biwakiert. Wir teilen die Begeisterung für die Gegend und das Erstaunen darüber, wie sich die Landschaft mit jedem Pass verändert.





Oben schmunzel





Die Abfahrt ist ein Traum, mit einem einfachen Trail, der sich durch die wunderschöne Landschaft schlängelt.









Queyras verliebt







Ich purzle noch rüber nach Aiguilles – sehr lohnend!





In diesem Tal geht's hoch zum Col Agnel:







Aiguelles ist ein sympathisches Touristenkaff. Mir bleibt vor allem das sehr leckere Fondue in Erinnerung.









Und natürlich die Badi! Denn ich habe schliesslich Ferien, und da will man es auch mal auch ein bisschen gemütlich haben. Wobei, zuerst muss ich mich mal wieder selbst beweisen: dank meiner während vielen Jahren perfektionierten Dreipunktetechnik (und meinem Gewicht...) stelle ich sicher neuen Wasserrutschbahnrekord auf - yeah!
Dann verflenze ich die nächste Stunde mit Sound auf den Ohren auf einer Liege. Zum Glück hat mir die Bademeisterin ein Badetuch aus der Fundkiste ausgeliehen – viel besser als mein synthetisches, quadratmillimetergrosses Dings! Witzig, wie auf so einer minimalistischen Reise kleine Dinge Gewicht erhalten: ein rotes, grosses, baumwollenes Badetuch, welches nicht stinkt – paradiesisch!





Irgendwann reisst mich Paranoid von meiner Liege - buah, ich muss weiter lach
Ich schaue noch rasch beim Velomech vorbei. Keine Sorge, die Pads hinten halten noch 2-3 Pässe aus, einfach bevorzugt vorne bremsen (dort sind seit gestern Abend neue Pads drauf). Ersatz hätte er eh nicht. Cooler Typ schmunzel





Das Queyras gefällt mir sehr gut: goldgelbe Hänge unter wunderbaren Bergen, kleine Dörfer mit netten Menschen. Ich habe den ganzen Tag diese leichte Wohlfühl-Hühnerhaut. Hm, ob ich hier noch ein bisschen bleiben soll? Mit dem Dropbarbike sind aber die Möglichkeiten für Ausflüge eher limitiert. Über den Col Agnel? Nein, sonst wird die Reise zu lang. Der Col de la Noire fixt mich noch ein bisschen an, aber der ist zu krass für mein Setup, und vor allem würde ich so den Schotterkönig der Westalpen verpassen.
Am Ende entscheide ich mich für einen gutschweizerischen Kompromiss: ein bisschen Queyras-Schotter, ohne dabei das Ziel aus den Augen zu verlieren.

Nach Château-Queyras ziehe ich links den Hang hoch. Wow, ist das eine schöne Piste, inklusive Sicht auf die Gipfel rund um den Izoard!









Montbardon ist wunderbar winzig – oh, ich liebe das Queyras! Die Aussicht geht auf die Combe du Queyras:





In der Combe nochmals so ein Queyras-Schmuckstück. Ach, dieses Licht, diese Berge, diese schlichten menschlichen Spuren verliebt





Der Traum des Queyras endet mit einem schönen letzten Blick zurück – den muss ich mir aber auf dem signalisierten Veloweg erst verdienen.





Aber auch ausserhalb des Queyras ist es schlicht und einfach "uuuh schön" verliebt





In Guillestre kaufe ich im Veloladen ein paar Gels und im Bioladen allerhand Schmackhaftes. Guillestre ist leicht quirlig (ok, wenn man statt von einsamen Pässen von Paris her kommt wahrscheinlich überhaupt nicht lach ), verwinkelt und von überschaubarer Grösse – genau das richtige für heute Abend. Das Essen ist ein bisschen kompliziert wegen Corona (in Frankreich wird der Impfnachweis recht strikt kontrolliert), aber geht schon.

Ich gönne mir ein Hotelzimmer, schliesslich waren die letzten beiden Nächte nicht sonderlich erholsam. Im Bett trifft mich fast der Schlag: vorgestern das Nzzzg-nzzzg-nzzzg, gestern die Sturmwinde, und jetzt? Bei der Toilette läuft nonstop und laut das Wasser durch... Die Zimmernachbarn stört es auch, an der Reception ist niemand mehr da. Ich klempnere selber was rum, und es stellt tatsächlich ab. Beim nächtlichen Gang auf die Toilette sage ich mir "Nichtspülennichtspülennichtspülen", und ich schaffe es tatsächlich, diesen superstarken Reflex zu unterdrücken. Tja, nicht nur auf Pässen und Wasserrutschbahnen können Gewinnergefühle aufkommen grins