Re: Tandemtour in Istrien und Umgebung 2018

von: velOlaf

Re: Tandemtour in Istrien und Umgebung 2018 - 06.01.19 13:24

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Je nördlicher wir kommen, desto langweiliger wird die istrische Küste. Umag ist der letzte Touristenort und am nördlichen Teil vollgestopft mit Anlagen und Appartements. So küstennah wie möglich umfahren wir den nördlichsten Zipfel vom kroatischen Istrien bis wir auf die sehr schöne Bucht von Piran hinab schauen.



Irgendwo am Ufer verläuft die umstrittene Grenze zu Slowenien. Die Buchst selbst mit dem Salzabbaugebiet ist sehr schön. Vom geschotterten aber gut befahrbaren Parenzana Radweg haben wir tolle Ausblicke auf die Bucht.



Wir folgen dem Parenzana, der Grenzübertritt ist dieses Mal problemfrei, kann hier aber nur an der Grenzanlage der verstopften Hauptstraße erfolgen. In Slowenien ist der Parenzana dann von perfekter Beschaffenheit und Beschilderung. Daß Slowenien nur sehr wenig Küste hat, merkt man in Portoroz. Der Ort ist an der Küste mit Hotels und Casinos zugebaut, der Parenzana führt auf der Promenade entlang und endet in Piran. Auf dem Weg dorthin gibt es eigentlich keinen Abschnitt, der nicht zugebaut ist. Piran ist ein Traum. Es ist aber auch wieder sehr voll und heute am Sonntag scheint auch ganz Slowenien hier zu sein. Die Sonnenanbeter / -innen sind schmerzfrei und liegen topless auf Decken und Mauern direkt an der Promenade oder neben den Cafés.







Ein Besuch der Festungsanlage auf dem Berg hinter der Altstadt ist sehr zu empfehlen. Von den Mauern gibt es tolle Ausblicke auf die Stadt und die Bucht von Piran.





Wir fahren weiter bis Izola und verbringen die Nacht auf dem ungepflegten und heruntergekommenen Camping. Die Altstadt ist ganz nett, etwas brüchig aber mit Charme. Spät am Abend auf dem Rückweg zum Camping fällt der neue Scheinwerfer am Tandem aus und wir flüchten im wahrsten Sinne des Wortes vor der slowenischen Polizei, die ausgerechnet nun patroulliert und uns entdeckt.





Die alte Küstenstraße von Izola nach Koper ist ausschliesslich für Fußgänger und Radfahrer freigegeben.





Am zentralen Platz der Altstadt von Koper stehen Bauwerke in venezianischer Architektur.



Der weitere Streckenverlauf entlang der Küste ist nett, wir passieren die Grenze zu Italien und erreichen schnell Muggia.



Von hier fahren wir mit der Fähre direkt in die Altstadt von Trieste und sparen dadurch das Gegurke durch die Industrieanlagen am südlichen Stadtrand.







Unmittelbar in der Nähe des Fähranlegers ist die Piazza dell’unita d’Italia, der Hauptplatz der Stadt. Der Platz ist von neoklassischen und einigen barocken Gebäuden umsäumt und nach Nordwesten zum Meer hin geöffnet. Es gibt einige beachtliche Kaffeehäuser, der Platz ist toll. Nicht weit entfernt liegt der Canale Grande von Triest, auch hier herrscht eine schöne Atmosphäre mit beeindruckenden Gebäuden.













Über dem Festland zieht ein Gewitter auf und wir fahren rasch weiter. Daher vermeiden wir es über die Karstberge zu fahren und nehmen stattdessen die küstennahe Hauptstraße, auf der wir schnell das Schloss Miramare erreichen, das in exponierter Lage direkt am Meer auf die felsige Küste gebaut wurde. Es gibt auch eine schöne Parkanlage, die frei zugänglich ist, allerdings ist das Radfahren hier verboten.





Wir spulen einige Kilometer ab, machen einen kurzen Halt in Duino, passieren Monfalcone und erreichen schließlich Grado, wo wir die Nacht auf dem recht einfachen und renovierungsbedürftigen Camping Al Bosco verbringen. Wir mögen diesen Platz jedoch, da er so unkompliziert ist und mit den kleinen individuellen Parzellen eine schöne Aufteilung hat. Das Baden am platzeigenen Strand hat sich schnell erledigt weil
a) das Wasser auch nach 30 Metern nur knöcheltief ist
b) auf einem Quadratmeter ca. 5 Krebse ihr Dasein verbringen und uns sofort in die Zehen zwicken, sobald wir die Füße nicht mehr bewegen.







Grado hat mehr zu bieten als die hässlichen Hotel- und Appartementbunker aus Reiseprospekten. Die Altstadt ist sehr schön, mit kleinen Gassen, Kirchen mit Mosaikfußböden und einem kleinen geschäftigen Fischereihafen. Am Kai sitzen Fischer vor ihren Schiffen und Booten und flicken ihre Fangnetze.









Die Ausfahrt von Grado nach Norden auf der Cyclovia Alpe Adria entlang der Hauptstraße ist schön und interessant. Die Straße führt auf Brücken über das Meer und über kleine Inselchen.



Nach kurzer Fahrt erreichen wir schließlich ein Highlight der Region - Aquileia. In der mittelalterlichen Basilika befindet sich das bedeutendste frühchristliche Fußbodenmosaik Italiens, das auf das frühe 4. Jahrhundert datiert wird. Die Basilika ist UNESCO-Weltkulturerbe. Der Mosaikboden stellt unterschiedliche Szenen dar, u.a. Fischfang, jegliches Meeresgetier, Götter usw. Bemerkenswert ist auch die Krypta. Die Eintrittspreise sind sehr moderat und gestaffelt, je nachdem, was besichtigt werden möchte. Die Basilika ist der absolute Hammer.











In Strassoldo ist eine kleine und gemütliche Schlossanlage mit einem schönen Garten.



Die Einfahrt in die alte venezianische Festungsstadt Palmanova erfolgt durch einen Wall mit Stadttoren. In der Mitte der Stadt ist ein großer Exerzierplatz, der von schönen Gebäuden und Kirchen gesäumt wird. In einer der zuführenden Straßen ist eine geile Pizzeria, an der wir nicht vorbeigehen können, ohne Mittagspause zu machen.









Den danach passenden Absacker wollen wir uns bei der Grappabrennerei Nonino abholen, die haben jedoch wegen ihrer Mittagspause geschlossen. Somit fahren wir weiter und mit Erreichen des Stadttores von Udine öffnet sich der Himmel und es gießt und gewittert ordentlich. Die Zeit nutzen wir, um in einer Eisdiele das Dessert nach der Pizza zu uns zu nehmen. Nach 45 Minuten scheint schon wieder die Sonne und die nassen Plätze der Stadt geben kontrastreiche Bilder ab. Udine ist schön.









Hier gibt es weit und breit keinen Camping und wir fahren in die Berge, hinein in die Weinbauregion Colli Orientali. Ein furchterregender Schrei meiner Frau unterbricht plötzlich die herrliche Stille...



In Nimis übernachten wir im Agriturismo I Comelli und verbringen dort eine tolle Zeit. Leider hat die Küche heute geschlossen und wir fahren zur Pizzeria Paradiso im Nachbarort. Das Essen dort ist super. Nach unserer Rückkehr zum I Comelli warten auf der Terrasse zwei Flaschen Wein und eine Flasche Grappa als Probiergut. Wir beenden hier nun den schönen Tag und fallen zufrieden und beschwipst ins Bett.



Volle Teller sind hier...

und hier...

und nochmal hier...



Die Gegend um Nimis ist toll, wellige grüne Landschaft mit Weinbergen und im Norden thronen die Karawanken. Wir fahren in westlicher Richtung und erreichen Colloredo di Monte Albano. Der Ort wurde beim Erdbeben am 6. Mai 1976 fast komplett zerstört, ebenfalls das Schloß von 1302, das sich immer noch im Wiederaufbau befindet.





Wenig später haben Störche alles besetzt, was irgendwie hoch genug erscheint.



Bald treffen wir in San Daniele del Friuli ein. Hier kommt der berühmte Schinken her, das Highlight ist jedoch die kleine Kirche Chiesa di S. Antonio mit ihren atemberaubenden Fresken.







Am Hauptplatz gönnen wir uns dann einen Teller Schinken für 8 Euro....



Nördlich von San Daniele ist ein kleines Naherholungsgebiet an einem See, bei Cimano überqueren wir das schier unendlich breite Flußbett des Tagliamento und fahren die Panoramastraße am Fluß entlang nach Norden, ehe wir einen kurzen Stopp am Lago di Cornino machen. Die Farben vom Grund des Sees wirken unfassbar unnatürlich.





Kurz darauf ist am Straßenrand ein Gedenkstein für Ottavio Bottecchia, dem legendären italienischen Radrennfahrer.



Danach werfen wir einen schnellen Blick hinein nach Gemona. Auch diese schöne Stadt wurde beim Erdbeben sehr stark zerstört.



Ein weiterer Anlaufpunkt für Touristen ist das wunderschöne Venzone, hier stand nach dem Erdbeben kein Stein mehr auf dem anderen und das Dorf wurde originalgetreu wieder aufgebaut.



Wir nutzen den schönen Ort für ein weiteres Eis. Allmählich kommen wir zurück ins Gebirge. Der Alpe Adria Radweg schlängelt sich auf guten und manchmal geschotterten Weg auf der alten Bahntrasse in die Bergwelt. Es gibt quasi keine Steigungen und dafür einige Tunneldurchfahrten. So schön und bequem der Radweg auch ist, er verläuft häufig in dem gleichen Tal wie die Hauptstraße und die Autobahn, daher ist sehr häufig die Geräuschkulisse vom Verkehr zu hören.







Manchmal ist es schon brutal, wie die Straßen über oder um Dörfer gebaut wurde. Der schöne alte Bahnhof von Chiusaforte wurde zu einem sehr gemütlichen Café umgebaut. Das ist auch gut so, denn Verpflegungsmöglichkeiten gibt es unterwegs wenige. Gegen Ladenschluß erreichen wir Pontebba und schaffen es gerade noch, ein paar Kleinigkeiten einzukaufen. Die Nacht verbringen wir im Albergo Caffe Vecchio und freuen uns schon auf die Auffahrt zum Nassfeldpass am nächsten Morgen.

Oh Schreck am frühen Morgen – der Nassfeldpass ist gesperrt. So ein Mist. Wir halten an der Absperrung und beraten uns. Ein Geländewagen kommt vom Pass hinunter, ich halte den Fahrer an und frage nach dem Grund der Sperrung und ob das Passieren mit dem Rad möglich sei. Er erklärt mir, daß Arbeiten am Fels vorgenommen würden, er müsse in ein paar Minuten wieder hoch, fragt die Arbeiter, kommt zurück und informiert uns. In den 15 Minuten Wartezeit bildet sich eine Schlange von Motorrädern aus der Schweiz hinter uns. Er kommt zurück… das Tandem darf durch, die Motorräder nicht. Juhu. Wir fahren verkehrsfrei den Pass hinauf !!! Aus der Ferne sehen wir dann, daß vor einem Tunnel ein Kranwagen aufgebaut ist. Um daran vorbei zu kommen, müssen wir abpacken und das Tandem über die Stützausleger des Krans heben. Wenn es mehr nicht ist… Der Pass ist gut, steil und zumindest heute sehr ruhig.





Kurz vor der Passhöhe ist eine kleine Jausenstation mit hausgemachtem Käse und Getränken.





Die Passhöhe selbst ist ein Plateau mit Wäldern, Seen und Restaurants. Hier ist auch der Grenzverlauf zu Österreich.









Die Abfahrt auf breiter glatter Straße ist schnell und nicht so schön, wie die Auffahrt. Wir besuchen dann noch Hermagor und fahren über den Kreuzbergsattel zum Weissensee. Am Kreuzbergsattel finden Feierabendrennen von Motorradfahrern statt. Es rasen immer die gleichen Spezialisten an uns vorbei und kommen uns entgegen. Wohl fühlen wir uns hier überhaupt nicht. Am Passschild ist die Zeitnahme. Wir sind froh, als wir den Sattel passiert haben. Auf dem Camping Knaller in Techendorf am Weissensee schlagen wir für zwei Nächte das Zelt auf. Wir sind in Kärnten, das Gewitter mit Starkregen ist für uns fast obligatorisch.



Schönes Wetter am Morgen nach dem Regen am Vorabend ist immer das schönste.



Das Frühstück am See mit Blick auf diesen ist ein Fest der Sinne. Selten habe ich so eine schöne Atmosphäre erlebt. Der Weissensee ist chillen pur. Herrlich. Genauso selten habe ich das Nichtstun und die Ruhe so genossen, wie hier.





Dennoch wollen wir nicht nur faulenzen und machen eine Tagestour. Es geht zunächst ca. 350 Hm tief ins Drautal, dort fahren wir entlang der Drau um auf der Gegenseite 550 Hm bergauf auf 5 km Länge zu fahren. Hier warten nette Leute mit einem leckeren Mittagessen und guten Gesprächen auf uns. Vielen Dank an Peter und Hana für die schöne Zeit bei euch.





Gut gespeist geht es den gleichen Weg zurück, anschließend folgt ein Bad im Weissensee, bevor wir uns vor dem Nachmittagsgewitter ins Trockene retten.

Frühstück mit Seeblick.



Am Weissensee führt keine durchgängige Straße entlang zum Ostufer. Die Wanderwege und MTB-Trails sind auch nicht wirklich für ein Reisetandem geeignet. Somit fahren wir mit der Personenfähre...







... und kehren zurück zu unserem Ausgangspunkt am Millstätter See.





Damit endet die Reise hier, das Gewitter am Nachmittag darf natürlich wieder nicht fehlen !





Es war eine sehr schöne und abwechslungsreiche Tandemreise in vier verschiedenen Ländern, mit unterschiedlichen Sprachen, Kulturen, Essen und Landschaften. Für uns war es sicherlich eine der schönsten Tandemreisen bislang.