Re: Wieder mal Slowenien...erste Fragen für 2022

von: irg

Re: Wieder mal Slowenien...erste Fragen für 2022 - 12.11.21 16:31

Jein dazu, dass die Bären harmlos sind. Ich hatte bui meinen zugegebenermaßen nicht wenigen Fahrten durch Bärenwälder, von Bärendreck abgesehen, zwei Bärenkontakte. Beide schätze ich nicht ganz als easy ein, ich hab davon schon mehrmals erzählt. Offenbar ist es immer noch nicht unwichtig.

In den ersten Bärenkontakt sind wie in der Zeit vor dem Internet völlig ahnungslos hinein gestolpert. Wir sind zu Ostern in den Sneznik-Gebiet geradelt und im Schnee unter der Passhöhe stecken geblieben. Am letzten freien Fleckerl haben wir in der Dämmerung das Zelt auf gebaut. In der Nacht haben wir erst etwas wie Bellen gehört, das meine damalige Freundin als Füchse erkannt hat. Sie war Biologiestudentin. Danach haben wir lautes Brüllen gehört. Da sie davor in Kanada in den dortigen Wäldern unterwegs war, hat sie sofort gewusst, dass das ein Bär war. Wir haben darauf mit dem Kochgeschirr gelärmt. In einer Pause habe ich das Essen in einer alten Packtasche weiter weg gestellt. (Nur die Kekse, die auch Bären sicher lieben, haben wir in der Früh am Fußende gefunden.) Im Lauf der Nacht haben wir laufend lautes Brüllen gehört, in sehr kurzen Abständen ober- wie unterhalb des Zeltes. Wir konnten uns das nur erklären, dass da 2 Bären waren, haben aber natürlich nicht die Nase raus gesteckt, um das zu überprüfen. Einmal war ein Bär besonders nahe. Da hat meine Freundin nur mehr mit den Bechern getickert, weil sie zu viel gezittert hat. Lustig ist etwas anderes.
Eines war klar: Die Bären haben nicht zum Spaß herum gebrüllt. Die waren ganz schön sauer auf uns. Wir konnten nicht abhauen, es war Nacht, und ich hatte eine leichte Fleischvergiftung. (Keine Sorge, das Gasthaus, wo ich sie mir geholt hatte, gibt es schon lange nicht mehr.) Am nächsten Morgen haben wir die Spuren im Schnee gefunden. Da war uns klar, warum Bären barfuß gehen: Bei der Schuhnummer kann sich auch ein Krösus-Bär keine Schuhe leisten. Beunruhigt hat uns die Schrittlänge, obwohl er nur spaziert ist. Der hatte fast meine Schrittlänge. Mein Vater hatte mir aus Finnland erzählt, wo Bärenspuren durch ihre relativ kurze Schrittlänge zu erkennen waren, auch wenn sie von der Sonne schon undeutlich verformt wurden. (Die Braunbären sind in ganz Europa, so weit ich weiß, etwa gleich groß.) Der Bär, dessen Spur wir gesehen haben, war kein Waserl.

Die zweite Begegnung war auch nicht unheikel: Ich bin am Rand einer Wiese entlang geradelt, mein Freund etwas hinter mir. Auf einmal liegt ein seltsamer Klumpen auf der Straße. Im Näherkommen erkenne ich, dass das die Innereien eines Tieres, ich denke etwa in Rehgröße, sind. Nebenan knackst und prasselt es im Gestrüpp. Da ich zu nahe war, um um zu kehren, bin ich leise weiter gefahren und habe hinter der nächsten Kurve gewartet. Ich habe darauf vertraut, dass mein Freund als alter Bergsteiger auch die Nerven behält und ruhig vorbei fährt. Was geklappt hat.

Kurz gesagt: Die hier heimischen Braunbären sind keine menschenfressenden Monster, die hinter dem ersten Baum auf Passanten lauern. Wir stehen nicht auf ihrer Speisekarte. Sie mögen uns nicht, und normaler weise gehen sie uns aus dem Weg, wie wir das tun sollten. Aber lustig trällernde Hustinettenbären sind sie auch nicht. Es geht ohne Weiteres, durch so einen Wald zu radeln. Dabei etwas Lärm zu machen ist auch günstig. Mein Vater hat bergab gerne laut gesungen. (Er singt ungefähr so schön wie ich, also sehr gut, um Bären zu vertreiben.)
Ich habe bei beiden Begegnungen Glück gehabt. Kein Bär hat uns irgendetwas getan, auch wenn die Bären in der ersten Nacht alles andere als nett auf gelegt waren. In den großen Wäldern zu übernachten fällt mir seitdem sicher nicht mehr ein, auch nicht am Rand. Aber ich glaube, dass wir wahrscheinlich bei beiden Begegnungen auch ziemliches Pech hatten, dass sie überhaupt statt fanden. Normaler weise sehen sich Mensch und Bär und gehen sich aus dem Weg, fertig. Aber wenn das putzige Bärchen glaubt, ich wollte ihm vielleicht den Rest seiner Jause auf der Straße klauen, oder seine Jungen am Ohr ziehen, kann das schon ungemütlich werden.

So viel zu den Bären. Sie sind kein Grund, die Wälder aus zu lassen, aber sie erfordern in meinen Augen schon einen gewissen Respekt.

lg!
georg