Re: Familien - Fahrradtour Schweden

von: Freundlich

Re: Familien - Fahrradtour Schweden - 16.04.17 22:04

Ein paar Fragen vorab:
Fällt die geplante Reisezeit in die schwedische Hochsaison ab Mittsommer?
Wie sollen An- und Abreise erfolgen?
Welche Streckenlänge pro Tag und wie viele Höhenmeter wären angenehm?
Warum muss es einer der - mehr oder weniger - ausgeschilderten Radwanderwege sein?
Weshalb ist das "Wildzelten" so wichtig?
Welche Informationsquellen sind bisher bekannt?

Davon abgesehen einige Stichpunkte, die mir zum Thema einfallen:

Wer Meer und Sandstrände mag, sollte dorthin fahren, wohin auch die Schweden fahren, die das mögen, z.B.: Ostseeküste bis Kivik, Sandhammaren bei Löderup, Nordseeküste bei Mellbystrand, Insel Öland, Insel Gotland mit Fårø. Sämtliche Ziele erlauben ausgedehnte Rundtouren ins Umland und sind mir mehr als eine Urlaubsreise wert. Der Siljansee wäre für Liebhaber von Meer und Badeurlaub ungeeignet.

Ich nehme an, An- und Abreise sollen per PKW erfolgen? Dann ist es für eine Urlaubsplanung schon reichlich spät, da Fährverbindungen oft ausgebucht oder teurer sind.
Die Anreise zum Siljansee gestaltet sich erheblich zeitaufwendiger, als an die Küsten Südschwedens. Wir bevorzugen dafür die Nachtfähre Kiel-Göteborg. Bei gutem Wetter erlebt man eine wunderbare Einfahrt durch die Schären vor Göteborg und kann ausgeruht in den Tag starten. Nach stressiger Urlaubsvorbereitung wäre auch ein Zwischenstopp auf einem der Campingplätze am Vänern zu empfehlen, um am nächsten Tag die Kilometer bis zum Siljan zu fahren. Wegen der Geschwindigkeitsbeschränkungen (max. 70 - 90 -110 km/h) - an die man sich unbedingt halten sollte - zieht sich´s bis zur Ankunft.

Plant man eine mehrtägige Radrundreise, würde ich vorab planen, wo der PKW sicher stehen kann. Erstens wegen der auch in Schweden nicht unbekannten KfZ-Einbrüche oder -Diebstähle und zweitens, damit sich niemand wundert, warum da ein ausländisches Auto so lange steht.
Ich würde deshalb An- und Abreise an einem der kleineren Campingplätze am Siljan planen und das Abstellen des PKW vorab vereinbaren. Eine Empfehlung: Camping Västanvik - E-Mail auf Englisch genügt.

In allen größeren Orten gibt es Touristinfos, die auch Informationen vorab nach Deutschland versenden. Diese Radkarte Siljansleden wäre kostenpflichtig zu bestellen.

Der Routenverlauf des Siljansleden ist mehrdeutig und außerdem nicht durchgehend festgelegt und beschildert. Es gibt: den Fußwanderweg, der per Rad unpassierbar ist; den Radwanderweg in 3 Schleifen (rund um den eigentlichen Siljansee, rund um den Orsasjön nördlich Mora und eine weitere Runde östlich Mora durch Wald und Dorf); dazu Alternativrouten auf einigen Abschnitten, z.B. der schöne Küstenweg nördlich Siljansnäs, der eine unbefestigte Straße ist. Dazu kommt: Teilabschnitte des Siljansleden verlaufen identisch oder ähnlich anderen Radwanderwegen, u.a. mit dem Sverigeleden und der Siljansrundan. Zur Streckenlänge lässt sich nur eine Aussage treffen, wenn die Route vorab geplant wird, z.B. mit GPSies: Dort als Kartengrundlage Sigma Cycle wählen, dann ist die Hauptroute vom Siljansleden als rote Linie zu sehen, allerdings ohne die Alternativrouten. Dieselben Daten in anderer Form zeigt auch die Opencyclemap. Im deutschen Buchhandel würde ich vorab Blatt 30 der Cykelkartan bestellen. Wegen des Kartenmaßstabes ist der Wegeverlauf trotzdem nicht immer eindeutig aus der Karte abzulesen.
Genauer, aber ohne den Wegeverlauf der Radwanderwege, sind die Topokarten, die man auch online im Kartenbetrachter von Lantmäteriet studieren kann.

Die "Südschleife" um den eigentlichen Siljansee wäre laut Landkarte und GPSies rund 150 km lang und hätte ca. 1000 Höhenmeter (ohne Umwege und Abstecher zu besonderen Punkten).

Ich würde die vorgezeichneten Radrouten nur zur Orientierung verwenden und bei Bedarf davon abweichen. Voraussetzung: Gute Landkarten und am besten ein GPS mit ordentlichen Karten (siehe auch Radreise-Wiki/Schweden).
Beispiel: Bei Siljansnäs geht es einige hundert Höhenmeter auf den Björkberget mit einem Naturum, Naturlehrpfad, Aussichtspunkt und Buffil Annas Kaffeestuga. Der Aussichtsturm bleibt wegen Baufälligkeit leider geschlossen, aber es lohnt sich trotzdem, den Umweg zu fahren.

Wegebeschaffenheit: größtenteils Asphalt, auf Teilstrecken und Alternativrouten auch unbefestigte Fahrwege die aber in Schweden wie ganz normale Straßen bis 70 km/h befahren werden, meist schlaglochfrei, relativ glatt, etwas steinig, eventuell geschottert - gut per Trekkingrad befahrbar. Tiefsand und grober Schotter wären ein Zeichen, dass man vom rechten Wege abgekommen ist. So etwas wird dort explizit als MTB-Route ausgeschildert (selten) und bleibt den Fußwanderern vorbehalten. Bei Fragen zum Straßenzustand: einfach Google Earth starten und auf Street View umschalten. Die betreffenden Wege sind fast alle zu sehen, zumindest als Einmündung in die Straße. Da der Siljansleden zu großen Teilen auf Straßen und Fahrwegen verläuft, muss man mit Autoverkehr rechnen.

Unterkunft: Es ist aus meiner Sicht ein Irrtum, wenn man den Siljansee fernab jeglicher Zivilisation vermutet. Die Gegend gehört zu den beliebtesten Ferienzielen der Schweden und ist rings um den See besiedelt. Wildzelten unterliegt dem Allemansrätten, d.h. es ist in vielen Fällen verboten. Da sich rings um den See viele Siedlungen, Ferienhäuser, Naturschutzgebiete, gekennzeichnete Privatgrundstücke und Camping-Verbotsschilder befinden, schränkt das die Möglichkeiten ein. Die Wiese an der einsamen Hütte am See mitten im Wald kommt als Privatgrundstück zum spontanen Wildzelten nicht in Frage. Das wäre Hausfriedensbruch. Leider halten sich etliche Touristen nicht an die für Schweden selbstverständlichen Regeln, weshalb einige Nationen dort in Verruf geraten sind. Ich würde nichts machen, was nicht zweifelsfrei gestattet ist.

Anders sieht die Sache aus, wenn man einen offiziellen Rastplatz findet oder einen der Badeplätze, wo Übernachten erlaubt ist (seltener). Dort stehen oft ein Trinkwasseranschluss, eine Trockentoilette, ein Schutzdach oder ein Blockhaus, eine betonierte Feuerstelle und Feuerholz zur Verfügung. Leider gibt es keine vollständige Übersicht solcher Rastplätze. Einige verzeichnet die örtliche Topokarte und die Cykelkartan, meist liegen sie an Fußwanderwegen oder sie sind für Wasserwanderer reserviert. Für Radwanderer lassen sich solche Plätze oft gar nicht erreichen oder man fährt daran vorbei. Der Zustand schwankt zwischen "super" und "leicht verwahrlost", weil die Pflege oft von Gemeinden, Forstbehörden oder Vereinen ehrenamtlich übernommen wird.

"Das Lagerfeuer" ist auch ein Reizthema. Die Schweden benutzen für ihr beliebtes Freiluft-Picknick gern eine der vielen offiziellen Feuerstellen - oft ein Betonring mit Grillrost und feuerfester Mülltonne für Restglut. Solche Feuerstellen habe ich selbst im Kiefernwald mitten im Naturschutzgebiet gesehen. Ansonsten gilt theoretisch das Jedermannsrecht, d.h. kein Feuer auf Felsen anzünden, kein Feuer bei der geringsten Brandgefahr, also im Wald, keine Spuren hinterlassen... Ich denke, es wird genügen, die vorhandenen Feuerstellen zu nutzen, dann freuen sich die Schweden und es gibt keinen Ärger.

Guten Wetter und schönes Schweden!